Sehr geehrter Herr Xi Jinping*,

Chinese yuan renminbi banknotes isolated on white

sehr geehrte Kommunistische Partei Chinas,
Sie haben Mammon frei gelassen
in Ihrem Reich.
Das war ein Fehler.

Mammon, eigentlich nur der aramäische Ausdruck für Vermögen und Besitz, wandelte sich durch das Christentum zu einer Art Dämon des Reichtums, der die Menschen zu Habsucht und Geiz verführt. Das geht zurück auf Jesu‘ Wort: „Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den andern lieben oder er wird zu dem einen halten und den andern verachten. Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.“ (Matthäus 6, 24)

Man könnte auch sagen: Ihr könnt nicht beiden dienen, der Kommunistischen Partei
und dem Mammon.

Lieber Herr Xi Jinping, liebe Kommunisten Chinas, gewiss, in Ihrem Reich passiert viel. Drei Meldungen sind mir in diesen Tagen aufgefallen**: Erstens gibt es anscheinend immer mehr Menschen, die ihren Reichtum nicht selbst erwirtschaftet haben, sondern deren Väter. Die Jungen zeigen ihren Reichtum ungeniert, prassen und protzen mit großen Autos und allem, was dazugehört, während die Alten versucht haben, sich bescheiden zu geben. Zweitens das Erscheinen eines Films namens „Tiny Times 4.0“, der von nichts handelt, außer vier jungen Frauen, die nur reich werden wollen. Der Film ist ein Kassenschlager. Drittens: Die Geschehnisse an Ihren Börsen. China wird wohl als das Land in die Geschichte eingehen, in dem die Kurse nicht mehr untergehen.
Solche Spiele mit Mammon, solche Experimente mit dem Kapitalismus sind gefährlich.
Natürlich haben wir nichts gegen Wohlstand und Reichtum, wir sind ja selber reich, global gesehen. Außerdem ist es eine sagenhafte Leistung, wie viele Chinesen es zu Wohlstand gebracht haben.
Nun aber Vorsicht!
Nichts gegen Millionäre. Wenn es aber Milliardäre werden, deren Zahl so rasant zunimmt, stimmt etwas nicht.
Nichts gegen Geld. Wenn es aber das einzige Ziel ist, das die Menschen anstreben, stimmt etwas nicht.
Vieles deutet darauf hin, dass ein großer Teil der Menschen in der Volksrepublik China nicht mehr das Ziel hat, an einer besseren Gesellschaft mitzuwirken, sondern nur noch ein Ziel kennt: reich werden.
Willkommen im Klub, kann man da nur sagen.
Auch im kapitalistisch hoch entwickelten Westen kennen viele Menschen nur dieses Ziel. Organisationen, die andere Ziele haben – Kirchen**, Gewerkschaften, Volksparteien – verlieren ihre Mitglieder rasant.
Das sollte Ihnen eine Warnung sein.
Wir sind gespannt ob Sie es schaffen, Ihren Landsleuten den Umgang mit Mammon – friedlich – beizubringen.

 

*Xi Jinping ist Staatspräsident der Volksrepublik China, Generalsekretär der Kommunistischen Partei Chinas und Vorsitzender der Zentralen Militärkommission.
** aus den FAZ vom 10. und 18. Juli 2015