Ecosia ist die Suchmaschine,
die angeblich Bäume pflanzt.
Schön wäre es schon,
ließe sich der Energieverbrauch,
der bei der Websuche entsteht,
einfach so ausgleichen.
Der Wert x ändert sich täglich.
Heute, an einem Tag im Februar sind es 325 Bäume.
325 Bäume, das ist fast ein Hektar (100 x 100 m) Wald! Da freut sich der Waldfreund! Und so etwas ist heutzutage ganz ohne Dreck an den Stiefeln möglich, zum Beispiel durch die Nutzung der Suchmaschine Ecosia.
Ja, ich nutze Ecosia. Meistens. Schon um dem Quasimonopolisten Google und der scheinbaren Datenkrake Google nicht ganz das Feld zu überlassen. Aber auch, um ein wenig das Gewissen zu beruhigen, denn die Nutzung von Suchmaschinen, also jede Suchanfrage, verbraucht Strom, zwar nur wenig, aber bei vielen Milliarden Anfragen pro Tag bei allen Suchmaschinen der Welt, kommt doch einiges zusammen. Das lässt sich nicht vermeiden, aber dieser Energieverbrauch lässt sich kompensieren, genauso wie derjenige für das Fliegen und für das Autofahren. Und zwar durch Maßnahmen, welche die CO2-Emissionen neutralisieren sollen und da gibt es nun mal nichts Besseres als Bäume. Also pflanzen wir Bäume.
Bäume, Bäume, Bäume, ja, einen ganzen Wald.
Meine Ecosia-Website, bei mir die Startseite, zeigt nach ein bisschen weiterer Suche 326 Bäume an.
Die Suchmaschine blendete auf ihrer Homepage eine Zeit lang einen Streifen ein, in dem es hieß „Gute Neuigkeiten: Ab sofort unterstützt Ecosia ein großartiges Baumpflanzprojekt in Burkina Faso.“ Wer dann auf „Mehr erfahren“ klickte, las dann in etwa dieses: Schon immer sei es bei Ecosia darum gegangen, einen Beitrag für eine bessere Welt zu leisten (das Unternehmen bezeichnet sich als Social Business und gilt als ökologisch inspiriert, ist aber weder gemeinnützig noch Non-Profit-Organisation). Folglich soll ein Teil des Profits in Aufforstungsprogramme fließen. Bisher habe man ein Projekt im Atlantischen Regenwald in Brasilien unterstützt, dann aber ein neues Projekt in Burkina Faso entdeckt. Davon sei man ganz und gar begeistert gewesen und habe beschlossen, ausschließlich dieses Projekt zu unterstützen.
Nach weiterer Suche, zum Beispiel nach „Burkina Faso“, zeigt es 327 Bäume an.
Burkina Faso ist ein recht trockenes Land, das zudem an der Sahelzone liegt und mit der Ausbreitung der Wüste von Nord nach Süd zu kämpfen hat. Eine „grüne Mauer“, sprich Wald, soll die Verwüstung eindämmen. Und nicht nur das: mehr Bäume sollen unter anderem wieder mehr Regen bringen, CO2 speichern und die lokale Wirtschaft stärken. Die Rede ist von einer neuen Anpflanzungsmethode, wobei die Suchmaschinenbetreiber nicht selbst pflanzen, sondern mit einem Partner namens „WeForest“ zusammen arbeiten. Das ist eine internationale, gemeinnützige Organisation, die nichts anderes macht, als von der Wirtschaft gesponserte Bäumchen zu pflanzen. Sponsoren aus Deutschland sind unter anderem Smart und Henkel. Die Organisation hat nach eigenen Angaben mehr als 7,5 Millionen Bäume gepflanzt, weltweit mit Schwerpunkt Afrika, so unter anderem in Burkina Faso.
Bin jetzt bei 328 Bäumen.
Dafür gibt auch Ecosia Geld, 28 Cent braucht es für ein Bäumchen. Nach eigenen Angaben nimmt die Suchmaschine pro Anfrage durch Werbung 0,5 Cent ein, bei rund 720.000 Anfragen pro Tag, sind das also so ungefähr 3600 Euro am Tag, von denen mindestens 80 Prozent als Spende in die Wälder fließen. Stolz berichtet das Unternehmen: „Insgesamt haben wir bereits 1.156.075 Bäume gepflanzt.“
Und ein bisschen stolz bin ich auch, denn mein Anteil daran beläuft sich jetzt auf 329 Bäume.
Aber: Das glauben offenbar nicht alle. Gibt man beim (Wettbewerber!) Google „ecosia“ ein, gibt dieser sogleich das Wort „betrug“ an. Und in der Tat finde auch ich es erstaunlich, jetzt bereits bei 330 Bäumchen geholfen zu haben. Da solche Betrugsvorwürfe nun mal in der Welt, bzw. im Web sind, gibt es eine Seite namens „ecosiawatch.org“, die besser „Ecosia-Wash“ heißen sollte, da sie die Suchmaschine von den Anwürfen reinwaschen soll. Dort soll man Antworten auf kritische Fragen finden.
Es drängt sich natürlich der Verdacht auf, dass Ecosia und Ecosiawatch irgendwie zusammen gehören. Das sei aber nicht der Fall, wie die bei der Suchmaschine für Öffentlichkeitsarbeit zuständige Shannon Smith mitteilte: Keinerlei Beziehung und der Verantwortliche für Ecosiawatch arbeitet nicht bei Ecosia.
Ob damit aber die Zweifel ausgeräumt sind oder nicht: Die Ecosia GmbH ist ein Unternehmen von vielen, das Weforest unterstützt. Warum nicht? Erstaunlich sind nur die Zahlen der Bäumchen: Laut Weforest-Website hat das Automobilunternehmen Smart, immerhin eine Tochtergesellschaft des riesigen Daimler-Konzerns, beim Pflanzen von gerade mal 168 Bäumen geholfen, was in Burkina Faso einem Gegenwert von 47,04 Euro entspricht. Das ist, auch wenn man nur kleine Autos herstellt, wenig.
Und ich, ich, soll bei 330 Bäumchen geholfen haben?
Oh, es sind schon 331.
Eine andere Art von Kritik ist eher von genereller Natur. Gut, die Ecosia GmbH selbst bezieht nach eigenen Angaben Ökostrom Greenpeace-Energy. Nicht jedoch der Suchpartner Yahoo. Denn über diesen läuft die Suche. Ecosia gibt an, dies mit sogenannten Gold Standard Zertifikaten von Myclimate auszugleichen.
Die generellste Art der Kritik aber ist diese: „Öko-Suchen schützen das Gewissen mehr als den Wald“, so eine Headline bei zeit.de schon vor fünf Jahren. Das mag ja sein – sage ich. Allerdings deutet die Nutzung einer „ökologisch inspirierten Suchmaschine“ darauf hin, dass man a) schon mal den von Menschen verursachten Klimawandel nicht leugnet, und b) dass es nötig wäre, etwas dagegen zu tun. Warum also nicht beim Bäumchen pflanzen helfen, und sei es nur ein einziges!
Ich bin jetzt bei 332!
Mehr Artikel zu diesen Themen lesen Sie in Silva – das Waldmagazin.
Vom 22. April an ist die Ausgabe 1 im Bahnhofsbuchhandel
und im gut sortierten Fachhandel.