Während draußen immer weniger
Singvögel unterwegs sind, gibt uns das
Thema Luftverkehrssteuer Anlass,
wieder an den Ökoklassiker
„Der stumme Frühling“
von Rachel Carson zu denken.
Wer nach oben schaut, sieht Flugzeuge.
Keine Vögel.
Die Zahl der Vögel in Deutschland und Europa sei dramatisch gesunken, berichtet Spiegel online1. Kiebitze und Rebhühner sind aus unseren intensiv landwirtschaftlich genutzten Fluren praktisch ganz verschwunden und auch sonst sieht es ziemlich schlecht aus. Wer glaubt, nur weil er beim Spaziergang noch ein Rebhuhn sieht, sei die Welt in Ordnung, hat nicht viel begriffen. Ganz allgemein ist der Artenschwund alarmierend, weltweit und in Deutschland, sogar die Zahl der Insekten ist stark rückläufig, was kürzlich eine Zeitung zur ironischen Aussage bewogen hat, endlich bleibe die Windschutzscheibe sauber.
Um eine andere Art Luftverkehr macht sich auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt Sorgen. Er fürchtet, die Branche könne hierzulande gegenüber der mächtigen internationalen Konkurrenz, ins Hintertreffen geraten2. Also schlägt er vor, den Fliegern die Luftverkehrssteuer zu erlassen. Als ob die Flieger gegenüber anderen Verkehrsträgern nicht schon genug Vorteile hätten. Auf ihren Sprit zahlen sie keine Steuern und jeder Provinzflughafen wird bis zum Gehtnichtmehr mit Steuermillionen gepäppelt. Und dennoch geht nicht mehr, wie wir aus den Erfahrungen von Hahn, Kassel, Rostock oder Lahr gelernt haben sollten.
Natürlich haben wir nichts gegen das Fliegen oder den Flugverkehr an sich. Es ist nur eine Frage des Gleichgewichts. Unsere Wirtschaftsministerin (in Baden-Württemberg), Nicole Hoffmeister-Kraut hat das neulich sehr treffend formuliert3: „Ich bin für ein Gleichgewicht von Ökonomie und Ökologie.“
Der Punkt ist – ein gibt ein kolossales Ungleichgewicht von Ökonomie und Ökologie. Zu Ungunsten der Ökologie!
Rachel Carson schreibt in ihrem Ökoklassiker „Der stumme Frühling“ von 19794: „Gemäß der Lebensanschauung, die heute unsere Geschicke lenkt, darf sich nichts dem Mann mit dem Spritzgerät in den Weg stellen.“
So ist das auch heute noch, fast 40 Jahre später.
Das gilt für den Mann mit dem Spritzgerät, sprich der industriellen Landwirtschaft, die nicht nur Vögeln den Garaus macht.
Das gilt für den Mann, der neue Gewerbegebiete ausweisen will, als ob wir unbegrenzt Flächen zur Verfügung hätten.
Das gilt für die Männer, die den Dieselmotor für eine saubere Technologie halten.
Das gilt für den Mann, der die Luftfahrt fördern will.
Nun ja, vielleicht hat jemand am Dröhnen der Flugzeugmotoren seine Freude. Dann ist es nicht gar so still.
3 Schwäbisches Tagblatt, 13.04.2017: Balanceakt im Wandel
4 Rachel Carson, Der stumme Frühling, Verlag C. H. Beck, München, 1979