So werden Sie richtig reich. Eine Anleitung ohne jegliche Gewähr.
Alle Jahre wieder veröffentlicht die Frankfurter Allgemeine Zeitung – vielleicht auch andere – eine Übersicht mit dem Titel: „Was im Jahr x aus 100.000 Euro wurde“. Für 2017 erschien das in der Ausgabe vom 30. Dezember.
Darum geht`s: Dem Anleger stehen sehr, sehr viele Möglichkeiten offen, einen Betrag von 100.000 Euro einzusetzen. Je nach Kursentwicklung, hat er dann Glück, viel Glück, Pech oder viel Pech gehabt. Wir haben uns die in der FAZ zuletzt vorgestellten Möglichkeiten angesehen. Es sind 39, die von der FAZ-Redaktion ausgewählt wurden. Natürlich gibt es noch mehr, ja, unzählige Möglichkeiten, Geld anzulegen. Beschränken wir uns mal auf die 39 und entwickeln daraus die Strategie des Reichwerdens.
Der Witz ist folgender: Wir setzen nicht 100.000 Euro auf eine der 39 Möglichkeiten, sondern jeweils 100.000 Euro auf alle Anlageformen. Richtig: Dies setzt ein freies Geldvermögen von 3,9 Millionen Euro voraus.
So gesplittet leistet jede der Anlagemöglichkeiten einen positiven oder negativen Ergebnisbeitrag. Wir sehen uns das Gesamtergebnis an.
Ein richtiger Glückspilz war, wer auf Venezolanische Aktien (INDX) gesetzt hat. Hier wurden aus 100.000 Euro 3.514.500 Euro. Auf dem zweiten Platz stehen jene modernen Goldschürfer, die auf den Bitcoin setzen: 1.329.300 Euro. Dritter Platz, wer hätte es gedacht, Mongolische Aktien (MSE Top 200): 148.100 Euro.
Auf der Verliererseite steht, wer auf Pakistanische (Karachi 100), Qatarische (QE) oder Omanische (MSM 30) Aktien setzte. Bei dieser Strategie blieben von 100.000 nur noch 70.400, 71.000 bzw. 76.500 Euro übrig.
Nun sind sowohl die drei Spitzenreiter als auch die drei größten Verlierer eher „exotische“ Anlagen. Sie sind für Leute, die sich auskennen, die „risikoaffin“ sind und die den Verlust von ein paar 100.000 Euro auch mal wegstecken können. Namentlich vor dem Bitcoin warnen viele.
Daher machen wir nun folgendes: Wir legen ein Portfolio für eher „risikoaverse“ an und werfen die „Exoten“ raus. Das heißt, wir bleiben bei Investitionen in stabilen Volkswirtschaften und grenzen dies mal auf die OECD ein. Aus dem bisherigen, von der FAZ-Redaktion ausgewählten 39 Posten umfassenden Portfolio streichen wir:
Venezolanische Aktien
Bitcoins
Mongolische Aktien
Ukrainische Aktien (UX)
Schwellenländer Aktien (MSCI EM)
Chinesische Aktien (CSI 300)
Schwellenländer-Anleihen (EMBI)
Russische Aktien (RTS Index)
Omanische Aktien
Qatarische Aktien
Pakistanische Aktien
Es bleiben 28 Anlagemöglichkeiten, die einem nicht den Schlaf rauben sollten. Es bleibt auch die Strategie, auf jede der 28 Anlageformen jeweils 100.000 Euro zu setzen. Der gesamte Anlagebetrag reduziert sich auf 2,8 Millionen Euro.
Nun schauen wir uns das neue Ranking an: An der Spitze stehen Deutsche Technologieaktien (Tec-Dax), 139.300 Euro, gefolgt von Lettischen Aktien (OMX Riga), 136.400 Euro und Österreichischen Aktien (ATX), 131.200 Euro.
Dumm gelaufen ist es mit Amerikanischen Dollar (USD), 88.100 Euro, Japanischen Yen (JPY), 91.300 Euro und Rohöl (Brent), 91.300 Euro, sowie dem Schweizer Franken (CHF), 91.700 Euro.
A propos Rohöl: Ein bisschen Spaß muss sein, daher blieben Rohöl, Rohstoffe (GSCI Total Return Index), Gold und Silber drin.
Das gute alte deutsche Sparbuch ist übrigens exakt auf der Nulllinie. Hier blieben 100.000 Euro 100.000 Euro. Etwaige Inflation bleibt immer außen vor. Ebenso zum Teil beträchtliche Gebühren und der Umstand, dass manche Aktien schon kauftechnisch nur etwas für richtige Profis sind.
Die Renditebetrachtung nehmen wir als Ganzes für alle 28 Anlageformen vor, die jeweiligen Einzelrenditen sind ja offensichtlich. Die Summe der Gewinne beträgt 252.900 Euro, die Verluste betragen 57.300 Euro, unterm Strich bleiben also 195.600 Euro.
Nimmt man dazu den Anlagebetrag von 2,8 Millionen Euro ergibt das für 2017 eine Rendite von 6,99, also fast sieben Prozent. Was will man mehr?
Mehr? Mehr nur bei höherem Risiko. Hätten wir die elf Risikoanlagen im Portfolio gelassen, würde sich ein Gewinn von 4.866.600 Euro (Summe Gewinne: 5.021.500, Summe Verluste 154.900 Euro) ergeben. Beim Anlagebetrag von 3,9 Mio. Euro wäre das eine Rendite von fast 125 Prozent.
Was soll man dazu sagen? On the Top hat der risikoaffine eher Reiche mit einem Einsatz von 3,9 Millionen fast 5 Millionen gemacht, während die risikoaverse eher arme Lieschen Müller auf ihrem Sparbuch mit 100.000 Euro (immerhin!) einen Ertrag von genau 0 Euro erwirtschaftete.
Und nur nebenbei, um sich mal in den ewigen Streit der Ökonomen einzumischen: Unterstellt man, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, wäre das eine Erklärung dafür.
Der französische Ökonom Thomas Piketty hat nachgewiesen, dass sich im Laufe der Weltgeschichte die Vermögen immer schneller vermehrt haben als das allgemeine Wirtschaftswachstum. Eine These, die unter Volkswirten, wie alles, sehr umstritten ist.
Unsere Berechnungen scheinen für Piketty zu sprechen – die Reichen werden immer reicher. Und so kommt es, dass nach neuesten Berechnungen von Oxfam1 nur 42 Personen so viel besitzen, wie die gesamte ärmere Hälfte der Menschheit, 3,7 Milliarden Menschen2. Laut Oxfam gingen im vorigen Jahr 82 Prozent des globalen Vermögenswachstums an nur ein Prozent der Weltbevölkerung – das reichste.
Wie das geht, haben die Berechnungen hier gezeigt.
Und wir wissen es jetzt auch!
1 Oxfam Deutschland
www.oxfam.de
spiegel.de, 22.01.2018: „2043 Milliardäre – 3,7 Millionen Menschen in Armut“
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/davos-weltwirtschaftsforum-oxfam-warnt-vor-steigender-ungleichheit-a-1189067.html
2 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 22. Januar 2018: „Oxfam prangert Vermögenszuwachs der Superreichen an“