Außenwirtschaftliches Gleichgewicht

Schon mal gehört? Eigentlich ein Grundpfeiler der Volkswirtschaftslehre, heute aber irgendwie in Vergessenheit geraten.


Vergessen? Ach was, versoffen! Jeden Tag knallen in den Unternehmen die Sektkorken, weil wieder ein schöner Auftrag von einem Handelspartner im Ausland eingegangen ist. Die großartigen Exporterfolge deutscher Unternehmen summieren sich zu einem Exportüberschuss von jährlich 245 Mrd. Euro (20171). Schon Champagner würde den Überschuss reduzieren.

Eigentlich aber müsste man diesen Beitrag mit jenem berühmten Satz eröffnen: Man wird doch wohl noch sagen dürfen!

Darf man nicht. Kritik am Überschuss in der Außenhandelsbilanz gilt als Systemkritik. Kritik am Geschäftserfolg der deutschen Untenehmen gilt manchen als Nestbeschmutzung. Auch die Neidkeule wird gern geschwungen, weil die Kritiker selbst in der Regel eben nicht über ein exportorientiertes, erfolgreiches Unternehmen verfügen.

Da muss man nüchtern bleiben, was bezugnehmend auf die Allgemeine Volkswirtschaftslehre (VWL) besonders leicht fällt. Ein wichtiger Satz in der VWL ist das Magische Viereck2. Es beschreibt die vier wesentlichen wirtschaftspolitischen Ziele,
• Vollbeschäftigung,
• Preisstabilität,
• angemessenes Wachstum und eben
• außenwirtschaftliches Gleichgewicht.
Moderne Volkswirte zählen zwei weitere Staatsziele hinzu:
• intakte Umwelt und
• soziale Gerechtigkeit.
Man kann da noch mehr Wichtiges hinzufügen. Zuviele Ziele können jedoch als überambitioniert und schwierig wahrgenommen werden.
Ich finde das Magische Sechseck ideal.

Sind diese volkswirtschaftlichen Ziele oder manchmal auch nur eines davon, nicht im Einklang mit den realwirtschaftlichen Gegebenheiten heißt das meist: Krise. Über Arbeitslosigkeit muss ich nicht viel erzählen, über Inflation auch nicht. Da reicht ein Blick ins Geschichtsbuch oder nach Venezuela. Beim Staatsziel „Außenwirtschaftliches Gleichgewicht“ ist das nicht so offensichtlich. Viele Zeitgenossen fragen sich, was schlecht daran sein soll, wenn wir „Exportweltmeister“ sind.

Doch, ja, auch zuviel Export hat seine Schattenseiten, wirtschaftlich könnte das zum Beispiel ein hohes Preisniveau auch im Inland sein.

Die Schattenseiten offenbaren sich derzeit aber eher in der Politik.

Wenn einige Länder viel mehr exportieren als andere, also in Bezug auf die jeweilige nationale Handelsbilanz, ruft das oft Kritiker auf den Plan. Einer von ihnen heißt Donald Trump.

Es nützt nichts, darüber zu debattieren, ob er Recht hat. Er hat Macht. Es nützt auch nichts über die relative Exportschwäche der US-amerikanischen Unternehmen zu debattieren. Das kann sich schnell ändern. Aber: Ein zu hoher Exportüberschuss einzelner Länder bringt einfach Unruhe in Wirtschaft und Politik.

Nebenbei: Hier ist ein Beispiel dafür, dass das Wohl von Unternehmen und Wohl von Allgemeinheit und Staat nicht immer kongruent sind. Ähnlich ist es zum Beispiel mit der Steuerminimierung von Unternehmen.

Ganz wichtig ist es, hier noch auf folgendes hinzuweisen – eigentlich habe ich deswegen den Beitrag überhaupt geschrieben: In Deutschland hat jüngst eine rechtspopulistische Partei erstaunliche Erfolge erzielt. Und das, nota bene, in einer Zeit, in der es uns gesamtwirtschaftlich gesehen außerordentlich gut geht.
Nicht auszudenken, es ginge uns schlecht…
Oder es käme jemand, der uns einzureden versucht, es gnge uns schlecht…
Und der und die seien schuld…

Fazit: Wir haben derzeit ein außenwirtschaftliches Ungleichgewicht. Daher sollte man darüber nachdenken ob das gut ist, ob wir das hinnehmen wollen und ob wir eventuell über Maßnahmen dagegen verfügen. Der Begriff „Ausfuhrzoll“ sei nur mal so in die Diskussionsrunde geworfen.
Man wird ja wohl noch diskutieren dürfen.

 

 

1 Quelle: Bundeszentrale für politische Bildung
http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/globalisierung/52842/aussenhandel

 

2 Wikipedia-Eintrag „Magisches Viereck“

https://de.wikipedia.org/wiki/Magisches_Viereck