Muss es vorbei sein. Warum?
Weil der Sommer dann bald da ist!
Spaß. Mal im Ernst. Wie kommen wir auf den 25. Mai?
Ganz einfach. Am 17. März begann in Baden-Württemberg mit Schließung der Schulen der Shutdown. Nach den Osterferien, so hieß es1, soll der Schulbetrieb weiter gehen. Angenommen, es käme anders als man denkt und der Shutdown dauerte noch einmal fünf Wochen, also bis zum 25. Mai. Dann wären wir alle zehn Wochen zuhause gewesen. Wäre eine Verlängerung über den 25. Mai hinaus realistisch?
Nein. Und das hat nicht nur mit dem Sommer zu tun. Gertrude Lübbe-Wolff, immerhin ehemalige Verfassungsrichterin, schreibt, dass es für ein allgemeines Kontaktverbot keine rechtliche Grundlage gibt2. Klar, wir sind fast alle einsichtig. Derzeit. Aber nach zehn Wochen?
Vor allem aber werden wir spätestens nach zehn Wochen ein ausgewachsenes ökonomisches Problem haben. Nämlich dann, wenn große Teile der Wirtschaft länger stillliegen. Das Ifo-Institut rechnet mit Wohlstandsverlusten zwischen 255 und 495 Milliarden Euro wenn die Wirtschaft zwei Monate lang teilweise stillsteht3. Kann man ja selber leicht nachrechnen: Das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands belief sich 2019 auf 3,44 Billionen Euro, das sind fast zehn Milliarden pro Tag. Wenn davon die Hälfte wegfällt sind das bei 60 Tagen 300 Milliarden Euro.
Da stellt sich erstens die Frage, wie lange wir das durchhalten. Der Ökonom Thomas Straubhaar gibt zu bedenken, dass mit jedem Monat in dem der Shutdown von öffentlichem Leben und Wirtschaft anhält, die ökonomischen Kosten steigen. Das schwäche dann eben auch die Kapazitäten im Gesundheitswesen4.
Zweitens stellt sich die Frage, ob eine dramatisch höhere Verschuldung der richtige Weg ist, aus der Krise herauszukommen.
Sehen wir es doch mal so: Die drei großen Menschheitsprobleme sind A die Klimakrise, B die Staatsschulden und C wie Corona. Lösen wir die Coronakrise indem wie A und B verschlimmern?
Vor allem die Klimakrise ist wegen Corona weder weg noch relativiert. Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist einer der wenigen, der noch daran zu erinnern wagt5. Und wenn man die Leute jetzt schon, Mitte März, Rasen mähen sieht, braucht man sich über den Weltuntergang nicht zu wundern.
Die Schuldenkrise ist in Deutschland bisher nicht so schlimm, verglichen mit Griechenland oder den USA. Doch auch wir sitzen auf einem Schuldenberg von knapp zwei Billionen Euro (rund 24.000 Euro pro Kopf)6. Es gibt Ökonomen, die das im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung für vertretbar halten. Da gehöre ich nicht dazu. Schulden lösen kein Problem. Viele Geschäftsleute sehen das derzeit genauso. Sie lehnen die angebotenen Kredite dankend ab. Auch zinslose Kredite wollen zurückbezahlt werden, dann habe man eine weitere Last, so Manuela Pettenkofer, Inhaberin eines Modegeschäftes in Rottenburg am Neckar7. Also ist es dringend notwendig, dass die Wirtschaft am 25. Mai wieder läuft. Wobei nicht gesagt ist, dass die Leute am 25. Mai wieder in die Läden strömen. Vielleicht haben sich bis dahin die Prioritäten verändert. Vielleicht ist kein Geld mehr da. Also doch keine neue Jacke? Doch keine Kreuzfahrt?
Egal. Jedenfalls sollte es aus ökonomischer Sicht am 25. Mai vorbei sein.
Haut das hin? Es gibt eine Grafik, die in den Medien schon zigtausend Mal erschienen ist. Sie bringt die Zahl der Fälle (y-Achse) in Relation zur Zeit (x-Achse) mit einer parallelen Linie zur x-Achse, welche die Kapazität des Gesundheitssystems darstellen soll8. Ja, ja, das leuchtet schon ein: Je länger wir die Seuche strecken, desto geringer ist die die Wahrscheinlichkeit, das Gesundheitssystem zu überlasten. Das Dumme: Weder die x- noch die y-Achse sind mit Zahlen versehen. Was ist „t“ auf der x-Achse – Tage, Monate, Jahre?
Natürlich will sich kaum jemand mit der Antwort auf die Frage, wie lange das dauert, aus dem Fenster lehnen. Der Präsident des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler, rechnet mit einer Dauer von zwei Jahren9. Auf ernst zu nehmenden Wissenschaftsseiten wie Quarks heißt es, die strengen Maßnahmen könnten über einen Zeitraum von 300 Tagen nötig sein10, Scienexx schreibt „Quarantäne und soziale Distanzierung müssen möglicherweise monatelang anhalten11“.
In der Schweiz geht man von folgendem aus: „Eine epidemische Welle dauert sechs bis zwölf Wochen. Mit den Massnahmen des Bundes wird die Welle etwas länger dauern. Aktuell (am 20. März 2020) rechnet man mit der Spitze in etwa vier Wochen und das Ende in zehn Wochen. Das ist aber bloss eine grobe Schätzung12“.
Demnach wären wir beim 29. Mai.
Alles andere ist unrealistisch. Geschäfte, Restaurants, Werkstätten, Fabriken, Universitäten und Schulen können nicht länger als zehn Wochen geschlossen bleiben. Wir müssen arbeiten. Sonst gibt es keinen Lohn, keine Steuern und übrigens auch keine Renten. Und können wir es uns leisten, Obst und Gemüse nicht mehr zu ernten? Also macht endlich die Grenzen wieder auf. Sofort.
Im Deutschlandfunk sagte Peter Dabrock, der Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, die globalisierte Welt komme allmählich zum Stillstand. Man könne das ein paar Wochen durchhalten, aber ewig funktioniere es nicht. „Dann kommt der Punkt, wo man überlegen müsse: Was zieht jetzt den größeren Schaden nach sich? Die Kurve der Neuansteckungen flach zu halten oder die ökonomische und soziale Lebensgrundlage zu erhalten“. Dabrock betonte, die Stabilität unserer Gesellschaft aufs Spiel zu setzen, wäre ein zu hoher Preis13.
Bedenken wir schließlich, dass das Social Distancing bis jetzt noch in eine relativ kalte Jahreszeit fällt. Kommt der Sommer ist das nicht länger aufrecht zu erhalten.
Deswegen muss es am 25. Mai vorbei sein.
Bild von Thomas Knapek auf Pixabay
1 Coronavirus: Informationen für Schulen und Kindertageseinrichtungen https://km-bw.de/,Lde/Startseite/Ablage+Einzelseiten+gemischte+Themen/Coronavirus 2 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2020, S. 11: Geschlossene Gesellschaft 3 Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.03.2020, S. 1: Wie lange hält das Polster? 4 capital.de, 22.03.2020: Thomas Straubhaar: „Die öffentliche Meinung wird kippen“ https://www.capital.de/wirtschaft-politik/thomas-straubhaar-die-oeffentliche-meinung-wird-kippen?utm_source=pocket-newtab 5 SWR1 Leute, 24.03.2020 https://www.swr.de/swr1/bw/swr1leute/ministerpraesident-winfried-kretschmann-102.html 6 steuerzahler.de, „Die Schuldenuhr Deutschlands“, Stand: 25.03.2020 https://www.steuerzahler.de/aktion-position/staatsverschuldung/dieschuldenuhrdeutschlands/?L=0 7 Schwäbisches Tagblatt, 25.03.2020: Jetzt kommt es auf die Kunden an 8 Bundesregierung, Coronavirus in Deutschland https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/coronavirus/ausbreitung-coronavirus-1716188 9 faz.net, 17.03.2020: Corona-Pandemie könnte zwei Jahre dauern https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/gesundheit/coronavirus/schaetzung-des-rki-pandemie-koennte-zwei-jahre-dauern-16682889.html 10 quarks.de, 20.03.2020: Darum ist die Corona- Pandemie nicht in wenigen Wochen vorbei https://www.quarks.de/gesellschaft/wissenschaft/darum-ist-die-corona-pandemie-nicht-in-wenigen-wochen-vorbei/ 11 scinexx.de, 20.03.20: Coronavirus – wie lange wird die Krise dauern? https://www.scinexx.de/news/medizin/coronavirus-wie-lange-wird-die-krise-dauern/ 12 economiesuisse.ch, 20.03.2020: Häufige Fragen zur Corona-Pandemie https://www.economiesuisse.ch/de/artikel/haeufige-fragen-zur-corona-pandemie 13 deutschlandfunk.de, 20.03.2020: Coronavirus als „immense Herausforderung“ für Werte der Gesellschaft https://www.deutschlandfunk.de/ethikrat-coronavirus-als-immense-herausforderung-fuer-werte.2849.de.html?drn:news_id=1112312