Und jetzt: die Medienprämie

Staatsgeld sinnvoll angelegt. Ein Beispiel.

Die Autoindustrie geht voran. Wieder einmal. Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), fordert jetzt eine „Neustartprämie“. Auch „Kaufprämie“ genannt, oder „Innovationsprämie“, oder „Impulsprämie“ oder „Umweltprämie“ oder ganz einfach „Abwrackprämie“. Jedenfalls sollen nicht nur Käuferinnen und Käufer von Elektro- und Hybridfahrzeugen einen Zuschuss bekommen, sondern auch die, die sich ein neues Diesel- oder Benzinauto kaufen wollen1.

Mir stellt sich da die Frage: Warum nicht eine „Medienprämie“?

Dafür gibt es gute Gründe. Der wichtigste: beträchtliche Umsatzeinbußen. Das hat die Medien- mit der Fahrzeugbranche gemein, die aus diesem Grund wieder die Prämienforderung stellt. Bei den Zeitungsverlagen gehen die Anzeigenumsätze um bis zu 90 Prozent zurück, Buchverlage rechnen nur noch mit der Hälfte des Umsatzes. Die Leipziger Buchmesse fiel aus, die Frankfurter Buchmesse, die wichtigste der Branche, steht auf der Kippe.

Hinzu kommt: Medien sind – im Gegensatz zu manch anderer Branche – systemrelevant. Ohne Journalismus keine Demokratie. Wer’s nicht glaubt, der lese das wunderbare Manifest des Schweizer Magazins Republik2.

Als Journalist spreche ich da natürlich pro domo, also stelle ich die Forderung für meine Branche, um selbst davon zu profitieren. Aber das ist kein Grund, zu erröten. Hildegard Müller trommelt schließlich auch für ihre Branche.
Als Wirtschaftsjournalist und Staatsbürger müsste ich eigentlich darauf hinweisen, dass solche Prämien auf Pump volkswirtschaftlich gesehen nicht gerade ein Zukunftsmodell sind.

Allerdings ist die Ansicht, die Volkswirtschaft mit Kaufimpulsen wieder in Gang zu bringen, weit verbreitet. Die Grünen fordern einen 250-Euro-Gutschein für alle Bürger. Sie wollen vor allem lokale Geschäfte und Gastronomie stützen3.

Dies ließe sich sehr gut auf unsere Branche übertragen. Die Medienprämie wäre zum einen an den Erwerb eines Abonnements der Lokalzeitung (print oder digital) gebunden, zum anderen an einen Buchhändler vor Ort. Ich glaube, mit 2000 Euro ließe sich da einiges machen. Für ein Elektroauto gibt es 4000 obendrauf, für einen Hybrid 3000 Euro.

Nun würden die Vertreter anderer Branchen mit einiger Berechtigung die Hand heben, um zu sagen: Wir wollen auch! Tatsächlich wollen alle. Warum also nur eine Autoprämie und eine Medienprämie?
Warum nicht eine Möbelprämie?
Mobilitätsprämie? (fordert der ADFC4)
Einkleideprämie?
Urlaubsprämie?
Haustierprämie?

 

1 deutschlandfunk.de, 29.04.2020: „Autoindustrie will Kaufprämie auch für moderne Verbrenner“
https://www.deutschlandfunk.de/neustartpraemie-autoindustrie-will-kaufpraemie-auch-fuer.2932.de.html?drn:news_id=1125603

2 Ohne Journalismus keine Demokratie.
https://www.republik.ch/manifest

3 n-tv.de, 25.05.2020: Grüne fordern 250-Euro-Einkaufsgutschein
https://www.n-tv.de/politik/Gruene-fordern-250-Euro-Einkaufsgutschein-article21739366.html

4 Pressemitteilung Allgemeiner Deutscher Fahrradclub (ADFC): Statt Autoprämie (Pressemitteilung vom 28.04.2020
https://www.adfc.de/pressemitteilung/statt-autopraemie-verkehrs-buendnis-fordert-mobilpraemiefueralle/

 

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